Freitag, 8. Juli 2011

Komfortzone verlassen: Check!

Hayato & Popeye
Freitag "feierten" wir den Abschied meines japanischen Mitbewohners. D.h. unsere Bude wurde zur kurzerhand zur japanischen Botschaft umfunktioniert. D.h. wiederum, dass fast alle Japaner unserer Firma sich bei uns einfanden, um Hayato im Zuge eines Fressgelages, inkl. Kingfisher Draught zu verabschieden. Nach etlichen Tellern Spaghetti Carbonara, Pommes, Oliven, Shrimps, Pils, usw. (Geschmacks-Potpourri) ging es via Taxi zum Flughafen, wo wir Hayato verabschiedeten.

Den Samstag verbrachte ich leicht verkatert in meiner Bude - alleine. Eigentlich wollte ich den Tag mit ein paar AIESECern aus Mumbai ein nahe gelegenes Fort besuchen - am Morgen. Doch aufgrund der Tatsache, dass wir am Freitag ein oder mehrere Pils zu uns nahmen, entschied ich mich dazu den Vorschlag der AIESECer aus Navi Mumbai aufzunehmen und einen naheliegenden Wasserfall aufzusuchen - am Nachmittag. Großer Fehler - wie sich im Verlaufe des Tages herausstellen sollte. Hätte ich meinen faulen Arsch mal lieber aus dem Bett bewegt. Warum? Die Erzählung/Erläuterung folgt mal wieder in einer leicht verdaulichen Aufzählungsliste:

lässige Mischung aus Entdecker
(Indiana Jones) & Entspanner
(Strandtouri)
  • Nach Aufwachen doch noch 'ne Stunde im Bett verbracht - ist ja Samstag
  • Zum Frühstück gibts Cornflakes mit Schokogeschmack und Google News
  • Mit der Aussicht sich erst am Nachmittag wieder zu bewegen, widme ich meiner ausgeliehenen PSP, FIFA11 und der Aussicht mit dem HSV die Champions League zu gewinnen. HSV!
  • Schrank durchstöbert und festgestellt dass, ähnlich dem letzten Kreta-Urlaub, ich hier in meinem Indiana-Jones-Strandtouri-Outfit schon des Öfteren zu sehen war
  • Entscheidung zugunsten neuer T-Shirts gefallen
  • dafür muss ich aber früher die Bude verlassen
  • Erneuter Interessenskonflikt
  • Entscheidung zugunsten neuer erneut T-Shirts gefallen
  • Bude verlassen, Rikscha genommen, Bescheissversuch durch Rikschafahrer abgewehrt, Mall betreten
  • Es folgt die typische Einkaufsagenda eines Mannes - in Indien (Anfang des Kaufprozesses):
    • Laden betreten, Männerabteilung gefunden, Männerabteilung betreten
    • T-Shirt-Sektion suchen, T-Shirt-Abteilung entdeckt
    • T-Shirt gefunden, T-Shirt genommen
    • Preisinformationen gesucht (Achtung jetzt wird die Zielstrebigkeit unterbrochen), Preisinformation nicht vorhanden
    • Verkäufer gesucht, Verkäufer nicht gefunden
    • Hass
    • Hass unterdrückt
    • Verkäufer entdeckt, Verkäufer lümmelt mit anderen Verkäufern `rum (sind ja auch nicht zum Arbeiten hier)
    • Feststellung: Bin anscheinend  zu deutsch (Sozialisation lässt grüßen)!
    • Verkäufer gefragt, Verkäufer natürlich keine Antwort parat
    • anderen Verkäufer gefragt, Antwort erhalten
    • T-Shirt anprobiert, T-Shirt passt, T-Shirt gekauft
    • Mall verlassen (Ende des Einkaufsprozesses)
  • Nach T-Shirt Kauf Mall verlassen und mit anderen AIESECern an der Vashi Station getroffen (lokaler Bahnhof)
  • Vada Pav eingeworfen, Tickets gekauft, abgestempelt, Abfahrt.
  • Ankunft, lokalen Bus genommen, finale Ankunft, Erstaunen.
  • Premiere: "Incredible India" verlässt zum ERSTEN Mal meinen Mund. Warum? Deshalb:

Incredible India
  • Mund zugeklappt
  • Mund von anderen `rumstehenden Indern aufgeklappt, da wahrscheinlich noch nie andere Spezies als "Inder" gesehen
  • auf dem Weg zum Wasserfall:sehr schöne Landschaft
  • es fängt an zu regnen wie aus Eimern; ich hab `nen Regenschirm.
  • Regenschirm wieder eingepackt, da überfordert
  • "Fluss" erreicht, überquert und vorher noch ein paar Bilder gemacht, u.a. folgende bewegte (Strömung des Fluss merken):



    • Anmerkung: Bitte den Stein, vor dem sich die Dame ganz am Anfang setzt, weiterhin merken.
    • Fluss überquert, Wasserfall erreicht, oberhalb des Wasserfalls postiert & Aussicht genossen
    • unterhalb unserer Position und an der Stelle, an der der Wasserfall aufs Wasser trifft haben sich etliche Inder versammelt, um das auftreffende Wasser zu genießen und Schabernack zu treiben.
    • Regen wird heftiger, Wasserfall nimmt an Fahrt auf
    • Schabernack treibende Inder verlassen den Wasserfall, da Druck zu heftig
    • wir entschließen uns auch den Rückweg anzutreten
    • auf Höhe des "Flusses" stellen wir fest, dass der "Fluss" mittlerweile Rafting-Qualitäten aufweist
    • Raftingboot leider vergessen
    • Kette gebildet und Fluss überquert
    • nachrückende Inder kommen an
    • dem 1. unbeschadet ´rübergeholfen, der 2. schmiert ab und wäre beinahe weggerissen worden, hätten Kartik (AIESECer) und Ich ihn nicht `rausgefischt (Karmapunkt)
    • Kartik & Ich haben es nicht mehr ans Ufer geschafft und haben uns auf obig (Wortschöpfung) erwähnten Stein geflüchtet
    • Regen wird heftiger & Kartik erzählt mir immer wieder das die Strömung stärker wird
    • ich versuch die Stimmung aufzuheitern, indem ich den Leuten auf den umstehenden Hügeln zuwinke, ständig erzähle, dass ich aufs Klo muss und die Frauen bitte untiges (erneute Wortschöpfung) Foto zu machen
    • meine Stimmung nach wie vor bei 100%
    Stimmung noch bei 100%

    • Leute schreien auf, ich dreh mich um und sehe alle 50m einen Kopf aus dem Wasser ragen, der an uns vorbeischießt
    • meine Stimmung sinkt auf 90%
    • die Frauen (AIESECer) heulen mittlerweile
    • Kartik wiederholt, dass die Strömung stärker wird
    • ich wiederhole, dass ich mittlerweile DRINGEND aufs Klo muss
    • Blick nach rechts, links, vorne & hinten verspricht nicht die erhoffte Lösung
    • die Leute am Ufer sind mittlerweile stark am Rotieren und binden ihre Hosen zu `ner Art Lasso zusammen
    • ich schlage vor einfach zum Ufer zu springen, da die Entfernung nur 2m beträgt. 
    • Kartik verneint, da er nicht aufstehen kann, da ihn sonst die Strömung wegreisst
    • ich verneine auch, da ich nicht weiß, wie tief das Wasser ist und wie heftig die Strömung dort ist
    • Jeanslasso ist fertig und die Jungs werfen es uns zu.
    • Kartik fängt es auf und wird sofort von der Strömung weggerissen
    • meine Gedanken drehen sich sofort um seine Beerdigung
    • meine Stimmung sinkt auf 0% (im Nachhinein habe ich erfahren, dass sich ab dem Moment mein Gesichtsausdruck schlagartig verändert hat)
    • ich merke, dass meine einzige Chance darin besteht zu springen (oder zu "schwimmen")
    • keine Person in Sichtweite, außer den Frauen, die mittlerweile Rotz und Wasser heulen
    • ich schreie ein paar Inder zurück - und zusammen, dass sie sich an der Stelle versammeln sollen, an die ich springen werde
    • Inder strahlen wenig Zuversicht aus (ich umso mehr , da letzte Chance)
    • mittlerweile bekomme ich die volle Wucht der Ströhmung ab, die vorher Kartik abgefangen hat
    • ich versuche aufzustehen, während die Inder mich anbrüllen doch sitzen zu bleiben (Was?)
    • Aufstehen gelingt, mittlerweile sieht man den Stein unter meinen Füßen nicht mehr
    • ich springe und lande sicher am anderen Ufer (unbeschreibliches Gefühl) und laufe sofort in die Richtung in die Kartik abgedüst ist
    • sehe aber sofort, dass ihn ein paar Inder 200m weiter aus dem Wasser fischen und atme erleichtert aus
    • laufe zu Kartik kurze Umarmung, alles cool 
    • ausgiebige Bedankung bei helfenden Indern und beruhigende Zigarette unter rostiger Hütte
    • danach ging es nach Hause und der Abend wurde mind. 100te Male bei etlichen Kingfisher Draught und Old Monks resümiert. 
    • so erfuhr ich z.B. Kartiks Story:
      • nachdem Kartik weggerissen wurde, wurde er gegen Felsen geschleudert und bekam nur alle 50m zum Luftholen und musste dazwischen jede Menge Wasser schlucken 
      • bei jedem Versuch sich an Steinen festzuhalten, wurden diese entweder mitgerissen oder er konnte sich nicht festhalten
      • schließlich bekam er aber doch noch einen Stein zufassen, an dem er sich mit 4 Fingern festhielt, den Brustkorb aus dem Wasser drückte, Luft holte und mit dem Armen winkte, in der Hoffnung das ihm jemand zur Hilfe kommt
      • für Hilferufe fehlte ihm die Luft, meinte er
      • aufgrund seiner Winkerei wurden 2 Inder auf ihn aufmerksam, die ihn dann aus dem Wasser fischten
      • Krasse Story!


    Kartik danach
    Endlich austreten




















    Samstag lässt sich eigentlich recht schnell zusammenfassen. Und zwar schrieb mir Stefan am Sonntag, dass George (aka. das unbekannte Mitglied der "Höhner") uns zu seinem Musical eingeladen hat. "Geil!", dachte ich mir und machte mich gleich auf den Weg nach Mumbai. Angekommen erfuhr ich, dass George Mitglied in einer christlichen Musicalgruppe ist (teilte mir George auf den vorherigen Partys auch immer wieder mit, doch der Schnaps spielte zu Häufig an der Gedächtsnisschraube) und das ganze auf dem Santa Cruz  (Stadteil von Mumbai) Kirchengelände stattfinden wird. Bis dato hätte ich mir niemals erträumen können, dass ich mir jemals in Mumbai ein christliches Musical, in einer von Hindus dominierenden Stadt`reinziehen werden. Naja, long stories short:
    • Musical war zwar sehr cheesy, trotzdessen aber sehr unterhaltsam und äusserst professionell aufgezogen (geschätzte 50 Mitwirkende, inkl. Backgroundtänzer, Chor, Liveband, usw.)
    • Der anwesende Bischof  nutzte die Chance natürlich, um Werbung in eigener Sache zu machen
    • Titel des Musicals war übrigens "The Prodigal Son" (Der verschwenderische Sohn; Ich vermute, dass es sich dabei um den "Verlorenen Sohn" handelt, bin mir aber nicht sicher, da ich selten im Religions-, wie auch im Konfirmationsuntericht aufgepasst habe)
    • George, der Partyinder spielte dabei übrigens den Vadder des verschwenderischen Sohns

    So, das wars erst einmal wieder aus (Navi) Mumbai. I`m out!





    Ps.: So witzig sich das Ganze im Nachhinein auch anhört, so bedrohlich war es in dem Moment. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob mir meine Naivität oder meine nicht enden wollende Zuversicht letztlich den Arsch gerettet haben, da ich mir zu fast jeder Zeit immer sicher war, dass ich es ans berühmte sichere Ufer schaffen werde. Doch leider konnten wir es nach dem Abenteuer nicht in Erfahrung bringen, was aus der Person wurde, die von dem Fluss davon gespült wurde. Aber wenn man von einer Person, nur alle 50m den Kopf sieht, der Fluss in ca. 10km ins Meer mündet, die Person es tatsächlich bis ins Meer schafft und einen Blick auf die Nicht-Schwimmer Rate in Indien einen Blick wirft, kann man sich ausmalen, wie die Chancen für ihn standen.



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